29.04.2022

Mely Kiyak : Werden sie uns mit FlixBus deportieren?

Hanser - ISBN: 978-3-462-27275-0 Preis: 22 Euro


In Mely Kiyaks neuem Buch  „Werden sie uns mit FlixBus deportieren?“ erfahrt ihr, dass sie „nicht Kilak, Kelek, Kikak, auch nicht Kijak, Küjak, Kajak, sondern K I Y A K“ heißt. Ob Mely Kiyak als „berühmte Zeitungskommunistin“ gut leben kann, warum sie Deutschland nicht hasst, aber findet dass Beate Zschäpe ihr ähnlich sieht.

Die Beobachtung einer Gerichtsreporterin, „dass Beate Zschäpes rosafarbenes Brillenetui so gar nicht zu den Tatvorwürfen, dem Erschießen von Türken, passen würde“ findet sie skurril. Wann begreife Deutschland, dass auch „lieb aussehende Menschen schreckliche Dinge tun können“? Andi Scheuer von der CSU habe einmal gesagt, dass „neben einer Willkommenskultur auch eine ‚Verabschiedungskultur‘“ gefordert werden sollte. Kiyak fragt, warum denn eigentlich nie über die deutsche „Anzündungskultur“ geredet wird? „Über die Brandstiftungskultur? Das kommt alles noch von der Rassentheoriekultur. Von der Vergasungs- und Vergessenskultur bei gleichzeitiger Gedenkkultur mit anschließender Denkmalerrichtungskultur. Dann die Nie-wieder-Parolenkultur.“ Und Russia Today sendet live von Pegida-Demonstrationen und spricht über Flüchtlinge als „bakteriologische Bomben“.

Kurz: Mely Kiyak erfasst den Kern der deutschen Gesellschaft in ihren Theaterkolumnen, die sie mit „Null Selbstkritik, bisschen Klatsch und etwas Spaltung der Gesellschaft“ sowie mit einem barocken „Abgang unter strikter Vermeidung von ‚versöhnlichen Tönen‘“ in ihrem neuen Buch umrandet.

Mely Kiyak hat sich die Mühe gemacht ihre Theaterkolumnen für die Leser:innenschaft neu zu „kuratieren und editieren“. Wir bekommen einen Eindruck, wie es ist, sich rumschlagen zu müssen mit Morddrohungen von rechts, fiesen AFD-Anfragen, und wie das ist, wenn das ganze Leben „eine Spielzeit“ ist.

Meisterhaft betrachtet Mely Kiyak die Welt, die literarische, die politische, und ihre eigene. Wie bekommt sie das hin, neben all dem Desaströsen den Witz nicht zu verlieren, sondern – im Gegenteil – ihn reichlich zu versprühen?