15.05.2021

Lana Bastašic : Fang den Hasen

S. Fischer. - ISBN: 978-3-10-397032-6 Preis: 22 Euro


Nach zwölf Jahren in denen Sara in Dublin lebt bekommt sie einen Anruf ihrer besten Freundin Lejla aus Mostar. Dieser Anruf katapultiert Sara, die Ich-Erzählerin, sofort zurück in die Erinnerungen an ein Leben, das sie bewusst hinter sich gelassen hatte - auch von Lejla hat sie bis dato seit 12 Jahren nichts mehr gehört.

Die Freundin sagt: Du musst mich sofort abholen kommen - Armin ist in Wien!

Nach einem kurzen Zögern entscheidet Sara sich für die Reise - sie ahnt, dass es nicht nur ein kurzer Trip werden, sondern ihr Leben verändern wird. Zu ihrem Freund Michael, mit dem sie in Dublin zusammen lebt, sagt sie, sie müsse zurück: nach Hause - und ist sich bewusst, dass doch eigentlich ihr Leben und Dublin ihr Zuhause sein sollte. „Home war nicht Bosnien. Bosnien war etwas anderes. Ein verrosteter Anker in irgendeinem verpissten Meer. Man schürfte sich auf und bekam Tetanus nach so vielen Jahren.“

Mit der Entscheidung, nach Mostar zu fahren, kommen die Erinnerungen an eine Kindheit in Banja Luca während des Krieges zurück. Lana Bastašic erwähnt den Krieg nicht, sie hält sich mit keinerlei Erklärungen zur geopolitischen Situation auf - was auch gar nicht nötig ist. Es reicht die Kinderperspektive und das Erzählen von den merkwürdigen, grausamen Begebenheiten und dem Verhalten der Erwachsenen und der anderen Kinder, um zu verstehen, dass Krieg ist.

In die Geschichte der Jetztzeit, die sich zu einem atemlosen Roadtrip in einem Opel Astra von Mostar nach Wien verwandelt, schieben sich die Erinnerungen des Kindes an die Freundschaft mit Lejla. Saras Vater ist der Polizeichef der Stadt und Lejla und ihre Familie gehört der bosnischen Minderheit an. Aus den Erinnerungen an diese Zeit zeichnet sich ein beklemmendes Bild der sozialen Auswirkungen des Krieges. Zuerst werden alle Hunde vergiftet, dann verschwindet eine Gruppe Jugendlicher, die für den Tod der Tiere verantwortlich gemacht werden - einer von ihnen ist Armin, Lejlas großer Bruder, den Sara bewundert und für den sie schwärmt.
Seitdem ist Armin weg - und nun ist er in Wien und die beiden Freundinnen auf dem Weg zu ihm. Sara und Lejla sind verbunden durch ihre Geschichte und getrennt durch die letzten zwölf Jahre, von denen die jeweils andere kaum etwas weiß, nur dass Sara ein Gedicht über Armin veröffentlicht hat, aber nie jemals über Lejla geschrieben hat - und so ist das Buch eine aufwühlende Geschichte über Freundschaft, Verlust, Erinnerung und Krieg.

„Fang den Hasen“ bekam 2020 den europäischen Buchpreis und wurde von Rebekka Zeinzinger aus dem Bosnischen ins Deutsche übersetzt.